Eine Zusammenfassung aus baubetrieblicher Sicht zur Vergütungsanpassung

Das bisherige Werkvertragsrecht kannte ein Anordnungsrecht des Auftraggebers (Besteller) nicht. In der VOB/ B hingegen ist dieses Anordnungsrecht in den § 1 Abs. 3 und Abs. 4 berücksichtigt. Nun ist seit dem 01.01.2018 im § 650 b BGB ein Anordnungsrecht des Auftraggebers (Bestellers) verankert.

Aus baubetrieblicher Sicht sind die im BGB nunmehr zugrunde gelegten Regelungen, hinsichtlich der Einigung über Mehr- und Mindervergütung sowie dessen Preisfindung, näher zu durchleuchten. In der VOB/ B sind die Vergütungsansprüche und deren Preisfindung in den § 2 Abs. 5 und Abs. 6 geregelt. Diese setzen in der Regel eine vorhergehende Anordnung durch den Auftraggeber bezüglich Leistungsänderung (§ 1 Abs. 3 VOB/ B) oder Ausführung einer Zusatzleistung (§ 1 Abs. 4 VOB/ B) voraus.

Wünscht der Auftraggeber (Besteller) eine Änderung des vereinbarten Werkerfolgs, oder eine Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs erforderlich ist, so ist der Auftragnehmer nach § 650b Abs. 1 Satz 2 grundsätzlich verpflichtet, ein Angebot über die Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen. Dieses Angebot ist prüfbar durch den Auftragnehmer aufzubereiten.

Findet auf Basis dieser Angebotslegung keine Einigung zwischen den Vertragsparteien statt, so kann der Auftraggeber (Besteller) die Ausführung anordnen (§ 650b Abs. 2 Satz 3). Das BGB sieht hier eine Verhandlungsphase von 30 Tagen vor, bis es zur schriftlichen Anordnung kommen dürfe.

Welche Vorgaben macht das BGB zur Berechnung der neuen Vergütung?

Das BGB führt aus, dass die Vergütung anhand der „tatsächlich erforderlichen Kosten“ zu ermitteln sei und differenziert sich hierbei zunächst von der VOB/ B. Die VOB/ B beabsichtigt eine Preisfortschreibung auf Basis der urkalkulierten Preise des Hauptvertrages. Das BGB beabsichtigt mit dieser Ausführung, dass gegebenenfalls in der Urkalkulation nicht auskömmliche Preise oder gar unerwartete Preissteigerungen im Zuge von Änderungsanordnungen nicht dem Risikobereich des Auftragnehmers starr zuzuordnen sind.

Aus baubetrieblicher Sicht ist festzustellen, was mit tatsächlichen Kosten gemeint ist. Es mag stark angezweifelt werden, dass hierfür die tatsächlichen Lohnaufwendungen (Basis beispielsweise Lohn-Buchhaltung, Bautagesbericht trennscharf nach eingesetztem Personal) wie beispielsweise bei Stundenlohnarbeiten gemeint ist. Zur Feststellung der tatsächlichen Kosten wäre auch festzustellen, welche Arbeitskraft welchen tatsächlichen Monatslohn vom Arbeitsgeber ausgezahlt bekommt, welches auf die Einheit Arbeitsstunde runterzubrechen wäre. Gleiches gilt in Bezug auf Geräteeinsätze (Betriebsstoffe, Wartungs- Reparaturkosten, ggfs. Mietkosten). Dieses wäre auch nicht sachgerecht. Sofern der Auftragnehmer unqualifiziertes Personal auf der Baustelle vorhält, wären die Preise unangemessen höher darzustellen sein. Gleiches gilt für (unterstellt) nachlässig verlangsamtes Arbeiten. Die Nachtragsleistung wird ggfs. unangemessen verteuert.

Es scheint also, dass ein Mittelweg gefunden werden muss, welcher keinen der Vertragsparteien bei der Ausführung von Nachtragsleistungen unangemessen benachteiligt oder auch bevorzugt.

Darüber hinaus gibt das BGB vor, die Vergütungsanpassung sei auf Basis der „tatsächlich erforderlichen Kosten“ zu ermitteln. Ein Rückgriff auf die Berechnung der üblich „erforderlichen“ Preise für die geforderte Nachtragsleistung scheint unausweichlich.

Dem Kalkulator des Nachtragspreises stehen hierfür Datenbanken (u. a. Baupreislexika) oder Arbeitszeitrichwerte (ARH-Tabellen) zu Verfügung, welche ortsabhängige durchschnittliche Preise im Lohn-, Geräte- und auch Stoffsektor sowie Zeitansätze vorgeben. Für die Findung eines angemessenen (erforderlichen) Preises scheint dieses der sinnvollste Weg zu sein.

Es fragt sich allerdings, warum der Gesetzgeber das Kind dann nicht beim Namen nennt und die Zugrundelegung des ortsüblichen Preises vorgibt? Gleichwohl wenn auch diese Eingrenzung seine Schwachstellen hätte (zu spezifische Bauleistung, Änderungsanordnung betrifft Bauumstände und nicht Bauinhalt usw.), scheint die Preisfindung über eine Ortsüblichkeit sinnhaft.

Interessant ist der Hinweis im BGB bezüglich der Einpreisung von Gemeinkosten sowie Wagnis und Gewinn. Hierzu sind nach im § 650c Abs. 1 Satz 1 „angemessene Zuschläge für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn“ im Nachtragspreis zu berücksichtigen. Ein Hinweis bezüglich des Umgangs mit Baustellengemeinkosten ist nicht gegeben. Ebenfalls bleibt es der Gesetzgeber schuldig, die Angemessenheit beziehungsweise Üblichkeit zur Feststellung angemessener allgemeiner Geschäftskosten bzw. die Herangehensweise festzulegen. Die Höhe von Geschäftskosten hängt von unterschiedlichsten unternehmerischen Faktoren ab.

Eine Rückstellung auf die Urkalkulation (sofern vorhanden) wäre anzuraten. Allerdings ergäbe eine Bezuschlagung auf Basis der Urkalkulation auf die „tatsächlich erforderlichen Kosten“ eine Vermischung der gesetzlichen Vorgaben aus den Abs. 1 und Abs2 des § 650c. Das kann nicht gewollt sein. Der Auftragnehmer hat eine Angemessenheit der Zuschlagsanteile auf die „tatsächlich erforderlichen Kosten“ plausibel darzulegen. Ein Verweis auf die Urkalkulation genügt bei Zugrundelegung des § 650c Abs. 1 nicht.

Eine Möglichkeit für die Berücksichtigung „tatsächlich erforderlicher“ Baustellengemeinkosten ist die individuell-spezifische Einschätzung/ Kalkulation der Aufwendungen für u. a. Bauleiter, Abrechner, ggfs. Poliertätigkeiten. Der Umgang mit zeitabhängigen Kosten (Vorhaltung Baustelleneinrichtung) kann gegebenenfalls auf Basis der zeitlichen Auswirkung des Nachtrages bewertet werden (Achtung: Kausalzusammenhang Ursache und Wirkung des Nachtrags prüfen).

Rückgriff auf die Urkalkulation

Der § 650b Abs. 2 gibt dem Auftragnehmer die Möglichkeit, bei der Bewertung einer Vergütungsanpassung auf die Urkalkulation zurückzugreifen. Erforderlich hierfür wäre eine vereinbarungsgemäße Hinterlegung der sachgerecht aufgestellten Urkalkulation beim Auftraggeber (Besteller). Hierbei wird auf Basis des BGB davon ausgegangen, dass die dort dargestellten Preise dem nach § 650c Abs. 1 zugrunde gelegte Erfordernissen entspricht.

Fazit:

Es wird spannend zu verfolgen sein, wie die Rechtsprechung in Zukunft mit den nicht eindeutigen Regelungen im BGB hinsichtlich der Vergütungsanpassung umgehen wird. Mit Sicherheit wird hier noch einige Jahre auf die ersten einschlägigen Urteile zu warten sein.

Wovon auszugegangen werden kann, ist, dass im Zuge von Vergütungsanpassungen durch Nachtragsanordnungen unter den Baubetrieblern umfangreich diskutiert werden wird, welche Preise als „tatsächlich erforderliche Preise“ zur abschließenden Nachtragsvereinbarung führen werden.

Aus diesem Umstand heraus, wird durch projekt-bau GbR empfohlen, dass der Auftragnehmer mit Auftragserhalt seine Urkalkulation beim Auftraggeber (Besteller) hinterlegt, um somit (hoffentlich unstreitig) von seinem Wahlrecht Gebrauch machen kann. Die Urkalkulation sollte daher schlüssig aufgebaut sein und sämtliche relevante Einzelkosten darstellen. Im Übrigen empfiehlt projekt-bau GbR seinen Kunden, zuzüglich zur schlüssigen Urkalkulation ebenfalls einen Soll-Bauzeitenplan als Bestandteil der Urkalkulations-Unterlagen beim Auftraggeber zu hinterlegen, um somit eventuelle spätere Diskussionen zu vermeiden.

Bei der fachgerechten Aufbereitung dieser Unterlagen steht Ihnen projekt-bau GbR gern zur Verfügung.