Ansprüche bei bauzeitlichen Auswirkungen – Der Weg zur moneären Darstellung

Mengenänderungen, Nachtragsleistungen und Störungen durch Behinderungsumstände im Bauablauf sind heutzutage obligatorisch. Auswirkungen solcher Umstände auf die Vertragsbauzeit können teilweise sehr komplex sein und weitreichende finanzielle Folgen für den Auftragnehmer nach sich ziehen. In erster Linie ist es für den Unternehmer daher immanent, eine durchgreifende Baustellendokumentation zu erstellen, um einen finanziellen Ausgleich durchsetzen zu können. Dieses beginnt bereits im Angebotsstadium bei der Erstellung der Urkalkulation und dem SOLL-Bauzeitenplan.

In Verbindung zur Weiterentwicklung innerhalb der Rechtsprechung existieren in Anlehnung an die unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen (Vergütung, Entschädigung, Schadensersatz) diverse juristische und baubetriebliche Erörterungen und Fachbeiträge. Auf Basis des 1. Teils, in welchem wir uns im Ansatz um die fachgerechte Darstellung bauzeitlicher Auswirkungen aus Nachtragsleistungen gewidmet haben, wollen wir uns im 2. Teil in die Richtung finanzieller Ansprüche begeben. Diese baubetrieblichen Darstellungen werden wir natürlich aus unserer Sicht („projekt-bau-Brille“) wiedergeben.

Monetäre Auswirkungen gestörter Bauabläufe und Bauzeitverlängerungen sind unter anderem im Lohn- und Geräte- sowie Gemeinkostensektor denkbar. Für unsere beispielhafte Betrachtung legen wir uns diese Sektoren zugrunde.

Zeitliche Auswirkungen aus Mengenänderungen und Nachtragsleistungen:

Der SOLL-Bauablauf wird auf Basis der Vordermengen des Hauptvertrages kalkuliert und disponiert. Liegen Mengenänderungen auf dem kritischen Weg des Bauablaufes, wirken sich diese entweder bauzeitmindernd (Mengenminderung) oder bauzeitverlängernd (Mengenmehrung) aus. Als Abrechnungsgrundlage ist ein Einheitspreis vereinbart. Somit ist eine Abrechnungsgrundlage bereits existent. Der § 2 Abs. 3 VOB/ B gibt den Vertragsparteien die Möglichkeit, bei Mengenabweichungen größer 10% eine Einheitspreisanpassungen zu vereinbaren.

Der Anspruch auf bauzeitliche Anpassungen sollte in Analogie mit dieser Mengenregelung stehen. Innerhalb des 10%-Rasters gilt eine gleichmäßige Risikoverteilung, so dass eine entsprechende Risikoverteilung auch in Bezug auf die Bauzeit zu begründen ist.

Bei Nachtragsleistungen gilt der Gedanke der vorhandenen Preisvereinbarung analog. Infolge der Preisanpassung bei durch den AG angeordneter Leistungsänderung (§ 2 Abs. 5 VOB/ B) beziehungsweise einer Zusatzleistung (§ 2 Abs. 6 VOB/ B) sind sämtliche Auswirkungen in den Nachtrag einzupreisen. Dieses betrifft also auch die zeitlichen Auswirkungen. Sieht sich der Unternehmer nicht im Stande, diese Auswirkungen im Zuge der Nachtragskalkulation seriös bewerten zu können, hat dieser die Möglichkeit sich solche Ansprüche vorzubehalten (OLG Köln mit Urteil vom 24.03.2015 – Az.: 22 U 162/13, mit Beschluss des BGH vom 10.01.2018 – Az.: VII ZR 58/16) und später geltend zu machen. In Verbindung zum Teil 1 ist daher nochmals darauf hinzuweisen, dass für sämtliche Kostensektoren eine schlüssige Dokumentation zeitlicher Auswirkungen zu erfolgen hat. Entstehende Mehraufwendungen durch Synergien zwischen Hauptvertragsleistungen und Nachtragsleistungen sind bei der Geltendmachung von Mehrkosten baubetrieblich schlüssig vorzutragen.

Es kann also zunächst festgehalten werden, dass für monetäre Folgen aus Mengenänderungen und Nachtragsleistungen eine Abrechnungsgrundlage (grundsätzlich) existiert.

Zeitliche Auswirkungen aus Bauablaufstörungen (Behinderungen/ Unterbrechungen):

Eine Abgrenzung zeitlicher Auswirkungen hat zwischen den vorgenannten Auswirkungen und Störeinflüssen aus Behinderungen und gar Bauzeitunterbrechungen zu erfolgen. Für solche Umstände liegt in der Regel keine Abrechnungsgrundlage im Vertrag vor. Es existieren also keine Möglichkeiten zum Beispiel über eine mengenabhängige Abrechnungen einen finanziellen Ausgleich zu erhalten. Folge sind also Unproduktivitäten oder Stillstände, welche allerdings die Kosten bei den Produktionsfaktoren der Baustelle weiter laufen lassen.

Um jedoch für beide Vertragsparteien eine sachgerechte Grundlage zu bieten, können solche Umstände, welche der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind, als Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB (verschuldensunabhängig) oder Schadensersatzanspruch gem. § 6 Abs. 6 VOB/ B (verschuldensabhängig) abgerechnet werden. Vergütung scheidet aus, da keine Anordnungen

Ein aus baubetrieblicher Sicht einheitliches Bild in Bezug auf die Nachweisführung ist nicht existent. Die Vorgabe der Rechtsprechung besagt, dass der AN den ihm entstandenen Schaden konkret nachzuweisen habe (u. a. OLG Dresden mit Urteil vom 06.01.2012 – Az.: 1 U 13/10).

Jedoch hat der BGH in den Jahren 2017 und 2020 den Entschädigungsanspruch konkretisiert.

Gemäß Urteil vom 26.10.2017 – Az.: VII ZR 16/17 steht dem AN für den Zeitraum der Behinderung (Zeitraum des Annahmeverzugs) eine angemessene Entschädigung nach § 642BGB zu. Ersetzt bekommen soll der AN die entstehenden Kosten für die beauftragte Werkleistung des AG in diesem Zeitraum vorgehaltenen, jedoch nicht produktiv einsetzbaren Ressourcen. Die Entschädigung wird also auf den Zeitraum der Behinderungen eingegrenzt. Sekundärfolgen, wie zum Beispiel Materialpreiserhöhung und Tarifänderungen durch die bauzeitlichen Auswirkungen der Behinderung (Primärfolge), sind nicht Gegenstand der Entschädigung.

Mit einem weiteren Urteil zum Entschädigungsanspruch des AN als Folge von Bauzeitumständen aus dem Verantwortungsbereich des AG hat der BGH am 30.01.2020 (Az.: VII ZR 33/19) zur Bewertung der Anspruchshöhe erneut ausgeführt. Demnach sei die Anspruchshöhe in Anlehnung an die Vergütungsanteile einschließlich der Anteile für AGK und W&G einer Schätzung zugänglich (§ 287 ZPO). Hier ist aus unserer baubetrieblicher Sicht zu vermuten, dass die Hürden der Nachweisführung für den AN gesenkt wurden. Einen im Zeitraum des Annahmeverzugs etwaigen anderweitigen Erwerb müsse sich der AN jedoch anrechnen lassen.

Da sich die Höhe der angemessen Entschädigung gemäß § 642 an der vereinbarten Vergütung orientieren soll, ist aus baubetrieblicher Sicht der Weg frei, für die Anwendbarkeit der Urkalkulation.

Da selbstverständlich IMMER eine außergerichtliche Einigung anzustreben ist, sollte daher zwingend der finanzielle Ausgleichsanspruch grundsätzlich bereits vorinstanzlich für die prüfende Instanz (also AG) so nachvollziehbar und plausibel wie möglich aufbereitet werden. Auf diese Weise ist das Herbeiführen einer einvernehmlichen Vereinbarung anzustreben und umsetzbar.

Wie dieser Anspruch der Höhe nach aufbereitet werden kann, stellen wir dann aus der „projekt-bau-Brille“ betrachtet in unserem 3. Teil vor.

Elementare Säulen hierfür sind ein fachgerechter SOLL-Bauzeitenplan, eine gebrauchstaugliche und somit fachgerechte Urkalkulation sowie bauablaufbezogene Baustellendokumentation.

Bei solchen baubetrieblichen Leistungen unterstützt die projekt-bau GbR Auftragnehmer sowie auch Auftraggeber. Kommen Sie also gerne auf uns zu!